1910
wurde in Mailand die Gesellschaft A.L.F.A. (Anonima Lombarda Fabbrica
Automobili) gegründet. Die Fabrik, welche bezogen wurde, entstammt
aus der italienischen Niederlassung des französischen Autoherstellers
Darracq, welcher mangels Absatz seine Produktion einstellen musste. Der
Standort des Fabrikgeländes befand sich in einem Gebiet namens Portello,
einem Aussenbezirk im Nordosten Mailands.
Mit
der Produktion wurde unter der Leitung des Direktors, Cavaliere Ugo
Stella, sofort
begonnen, da die Produktionseinrichtungen von der Vorgängerin Darracq
übernommen werden konnten. Als Chefdesigner stellte er den vielversprechenden
Giuseppe Merosi ein, der für Bianchi gearbeitet hatte und eigentlich
Bauleiter gewesen war, bevor er seine Leidenschaft für Autodesign
entdeckt hatte. Erste Erfahrungen hatte er bei Merchand, Lentz und vor
allen Dingen in der Rennabteilung von
Fiat
in Turin sammeln können. Er wurde sofort von Ugo Stella damit beauftragt,
die komplette Modelpalette der früheren Darracq zu überarbeiten.
Infolge dessen stammen viele frühe Modelle des italienischen Herstellers
aus seiner Hand.
Der erste Alfa, der das neue Markenemblem trug, war ein 24 PS starker
offener Tourer, der seine Kraft aus einem 4,1 Liter grossen Motor schöpfte
und damit eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 100 km/h erreichte
und entsprach Stellas Vorstellungen. Er war robust und hatte dennoch ein
elegantes Design. Im ersten Jahr wurden insgesamt 50 Exemplare dieses
ersten Modells gebaut. 1911 wurde der 24 HP bereits überarbeitet
und in verschiedenen Versionen gebaut. Darunter auch der erste Rennwagen,
welcher im selben Jahr an der Targa Florio teilnahm.
 Merosi
fuhr unentwegt fort, sich neuen Projekten zu widmen, ohne jemals die Ambitionen
für den Rennsport zu verlieren. Leider war der finanzielle Erfolg
trotz eines "Billigmodells", dem 12 HP, nicht eingetreten, so
dass der Verwaltungsrat die Gesellschaft auflösen musste.
In der Zwischenzeit hatte sich ein neapolitanischer Unternehmer namens
Nicola Romeo ein kleines Imperium anderswo in der lombardischen Metropole
aufgebaut. Romeo produzierte Maschinen für den Bergbau einschliesslich
transportabler Kompressoren und hatte damit unerwartet grossen Erfolg. Ende
1915 kaufte er schliesslich ALFA. Kriegsbedingt wurde so die Automobilproduktion
eingestellt und statt dessen entstanden in der Fabrik neben Rüstungsprodukten
Lokomotiven, Flugzeugmotoren, Kompressoren, Traktoren und Pflüge.

1918 war der Erste Weltkrieg vorbei und damit die Zwangsbewirtschaftung.
Man konnte sich wieder daran machen, Friedensprodukte auf den Markt zu
bringen. Dazu gehörten auch
die
Automobile, die fortan den Namen Alfa Romeo tragen sollten. Die ersten
Autos mit
dem
neuen Emblem waren diejenigen des Typs 20-30 HP.
Im Jahre 1920 begann der von Romeo eingestellte Designer Merosi mit den
ersten Entwürfen eines neuen Wagens, der als RL (6 Zylinder, 2916
ccm) im folgenden Jahr der Öffentlichkeit präsentiert werden
sollte. Er wurde in 7 Serien von 1922 bis 1927 gebaut. Trotz der Beliebtheit
des RLs schaffte es Alfa
Romeo
nicht, genügend Stückzahlen zu
produzieren
und zu verkaufen, um die Kosten zu decken. Ab 1923 begann sich die Situation
allmählich zu verbessern: der RL verkaufte sich blendend und bei
den Rennen hatte der RL Corsa praktisch keine Konkurrenz, so dass er zahlreiche
Siege (unter anderem an der Targa Florio in Sizilien) feiern konnte.

1926 wurde Merosi durch Vittorio Jano, der von Fiat kam, abgelöst.
Bis in die dreissiger Jahre hinein blieb der ständig weiter entwickelte
Sechszylinder des RL die Stütze des Unternehmens. Daneben gab es
noch einen Achtzylindermotor. In den späten zwanziger Jahren erfreute
sich Alfa Romeo einer stetig wachsenden Beliebtheit. Auch was den Rennsport
betrifft, gewannen die
roten
Renner (6C 1500 Sport und Super Sport sowie 6C 1750) praktisch alles was
es zu gewinnen gab.
Als
Karossiers beschäftigte Alfa Romeo die italienische Elite von Touring
über Castagna, Zagato bis hin zu Farina. Mitunter verliess man sich
auch auf die eigene Designabteilung, die von 1940 an vom Spanier Wilfredo
Ricart geleitet wurde. Im gleichen Jahr öffnete ein neues Werk in
Neapel.
Während des Krieges (das Werk beschäftigte mittlerweile 14'000
Beschäftigte)
entstanden
kaum noch zivile Automobile und nach Kriegsende musste erst einmal die
zerbombte Fabrik wieder aufgebaut werden.
Was
trotz erheblicher Schäden in rekordverdächtiger Geschwindigkeit
über die Bühne ging. Bereits 1945 wurden zwei Exemplare und
im Jahr danach einige mehr der "alten" 6C 2500 SS produziert.
Man begann sogar wieder Rennen zu gewinnen und zwar mit den alten Alfetta
158, welche vor der Zerstörung gerettet werden konnten. Die Serienproduktion
der eigentlich schon ausgelaufenen 6C 2500 wurde dank der Überarbeitung
der Touring Superleggera bis 1955 weitergeführt.
Die Tage der Luxuslimousinen waren, wenigstens vorübergehend, vorbei.
Orazio Satta,
der
neue Chefentwickler, entwarf einen neuen 1884 ccm grossen Motor, der die
Baureihe 1900 einläutete.
Es
sollte die bis dahin erfolgreichste Modellreihe von Alfa Romeo werden,
und während der achtjährigen Bauzeit (ab 1950) wurden sowohl
Versionen der bekannten Karossiers als auch Fabrikvarianten angeboten.
Dieses Modell stand für die alten Tugenden von Alfa Romeo: Eleganz,
Fertigungsqualität (erste Fliessbandfertigung!), Leistung und Rennsporterfolge.
Diese wurden spätestens mit dem Sieg von 1947 an der Mille Miglia
sowie mit dem Sieg 1950 an der Weltmeisterschaft in der neuen Formel 1
bestätigt.
Im
Jahre 1954 kam Alfa Romeo unter staatliche Fittiche und wandte sich der
Grossserienproduktion zu. Den Beginn sollte die Giulietta machen, einem
Alfa für den "kleinen Mann", deren Entwicklung von der
staatlichen Lotterie unterstützt wurde.
Als
die Gewinner aber ihre Preise in Empfang nehmen wollten, stellte sich
heraus, dass bis dahin gar keine Giuliettas gebaut worden waren. In aller
Eile wurde Bertone damit beauftragt, die kritische Situation zu entschärfen.
Das führte dazu, dass Bertone fortan die Coupe-Version, Alfa die
Limousine und Pininfarina von 1955 an den Giulietta Spider bauen sollte.
Unter den Hauben arbeitete ein 1290 ccm grosser Motor, der für eine
Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausreichte. Eine stärkere
Veloce-Variante (180 km/h) kam ein Jahr später auf den Markt.
Da
es der expandierenden Firma in Portello allmählich zu eng wurde,
wurde dank enormer staatlicher Investitionen 1961 das neue hochmoderne
Werk bezogen, welches eine
theoretische maximale Kapazität von 250'000 produzierten Fahrzeugen
pro Jahr hatte.
In Arese wird von 1962 bis 1978 die Giulia, welche die Giulietta ablöste
produziert. Am Styling hatte sich nichts Wesentliches geändert. Die
Giulia 1600 bekam 1965 eine Veloce-Variante. Die Produktion beider Modelle
wurde 1965 eingestellt.
In
den siebziger Jahren wartete Alfa Romeo trotz Ölkrise mit einigen
Sensationen auf. 1972 wurde der Alfasud präsentiert, der erste Fronttriebler
in der Geschichte von Alfa Romeo. Das vollkommen neue Fahrzeug entsteht
in Pomigliano d'Arco bei Neapel in einem neuen Werk auf dem Grundstück
der ehemaligen Flugmotorenproduktionsstätte.
Die zeitlos schöne Karosserie für dieses Fahrzeug einer bis
heute bedeutenden Fahrzeugklasse stammt wieder einmal von Giugiaro (Italdesign).
Doch aufgrund von groben Fertigungsmängeln bleibt der wirtschaftliche
Erfolg trotz aller Vorzüge (Strassenlage, Konstruktion, Motor...)
aus.
Im selben Jahr wie der Alfasud wurde der Alfetta lanciert. Er ist der
erste Alfa in einer Reihe von vielen Modellen, die als Antriebstechnik
die sogenannte Transaxle-Bauweise (Motor vorn, Getriebe hinten) verwenden.
Diese geht auf die gleichnamigen Formel-1-Alfa Romeo zurück, die
unter anderem mit Juan Manuel Fangio am Steuer zwei Weltmeisterschaften
gewannen. 1976 wurde das erste, mit Diesel betriebene, Modell vorgestellt:
der Giulia Diesel. Er besass einen von der britischen Firma Perkins eingekauften
4-Zylinder Motor mit 1760 ccm und leistete 55 PS.
1983 löst der Alfa 33 den Alfasud ab. Elf Jahre bleibt der zwischenzeitlich
gründlich überarbeitete Alfa 33 im Programm. Rechtzeitig zum
Firmenjubiläum erscheint 1985 der Alfa 75 bei den Fachhändlern.
Er führt die Form des Giulietta weiter und ist der letzte Alfa Romeo,
der im inzwischen stark angeschlagenen Staatskonzern entsteht.
Nach über 50 Jahren ist Alfa Romeo wieder in Privatbesitz. Nachdem
auch der Ford-Konzern Interesse am angeschlagenen Konzern hatte, erhält
(zum Glück!) doch Fiat den Zuspruch und gliedert die Firma in seinen
Konzern ein. Der neue Sitz von Alfa Romeo wird nach und nach vollständig
von Mailand nach Turin verlegt.
Das erste Modell der neuen (Fronttriebler-) Ära ist der Alfa Romeo
164. Er ist das Produkt einer Entwicklungsgemeinschaft mit dem Fiat-Konzern
und Saab. Schliesslich folgt der in den Tourenwagenmeisterschaften äusserst
erfolgreiche Alfa 75 - Nachfolger, nämlich der Alfa 155 sowie die
Ablösung der restlichen Modelle während der Neunziger-Jahre.
Damit entstammen nun alle Alfa Romeo-Modelle aus dem Fiat-Konzern. Spätestens
seit Erscheinen des Alfa 147 zeigt sich, dass Alfa Romeo den richtigen
Weg eingeschlagen hat und sie im Alleingang wohl kaum noch eine Chance
gehabt hätte.
|